Marktreport Italien: das magische Land
Italiens Markt für Ferienimmobilien boomt – Trendregionen wie der Gardasee sind beliebt und teuer. Schnäppchen warten eher abseits der klassischen touristischen Destinationen
Zwar ließen Inflation und steigende Zinsen seit Mitte 2022 die deutschen Immobilienpreise mancherorts einbrechen – doch noch immer sind sie hoch. Tatsächlich finden sich in Deutschland nach Großbritannien mit durchschnittlich 3.304 Euro pro Quadratmeter mit die teuersten Wohnimmobilienpreise Europas, wie eine Auswertung des Onlineportals Immowelt ergab. Kein Wunder, dass sich die Deutschen auch woanders umsehen: Noch nie war ihr Interesse an ausländischen Immobilien so hoch wie jetzt. Jede zehnte Suchanfrage auf deutschen Portalen zielt mittlerweile auf internationale Immobilien ab. Das ergab eine Statistik des Immobilienkonzerns Savills. Besonders gefragt: Italien. Suchanfragen nach italienischen Immobilien haben sich seit 2021 auf 4,2 Millionen fast verdreifacht. Laut dem Immobilienrechercheinstitut Scenari Immobiliari kamen im vergangenen Jahr von den 5.500 ausländischen Investoren, die in Italien Immobilien im Wert von 3,2 Milliarden Euro kauften, 3.500 aus Deutschland. Das mag damit zusammenhängen, dass die Wohnimmobilien dort mit durchschnittlich 1.687 Euro pro Quadratmeter nur halb so viel kosten wie in der Bundesrepublik. Aber das ist nur ein Grund, warum Italien unter deutschen Immobilienkäufern so beliebt ist.
Italien als Sehnsuchtsland
Seit jeher ist das Land, wo die Zitronen blühen, ein Sehnsuchtsland der Deutschen: Sie wissen nicht nur das mediterrane Klima oder die landschaftliche Vielfalt mit Alpen, Stränden und lieblichen Hügeln zu schätzen, sondern auch den kulturellen Reichtum und vor allem die italienische Lebenskunst des Dolce Vita. Pizza, Pasta und Vino lassen sich nirgendwo schöner genießen und wer doch einmal zurück nach Hause muss, setzt sich ins Auto und ist von Südtirol oder den oberitalienischen Seen aus in wenigen Stunden in Süddeutschland. Wer könnte sich nicht vorstellen, in Bella Italia ein Ferienhaus, einen Alterswohnsitz oder eine Kapitalanlage sein Eigen zu nennen?
Ausgerechnet Corona, das Italien so schwer gebeutelt hat, sorgt für höhere Nachfrage am Immobilienmarkt: Seit der Pandemie ist „remote work“ das Schlagwort in der Arbeitswelt. Immer mehr Firmen machen ortsunabhängiges Arbeiten aus der Ferne möglich. Domizile im nahen Ausland wie Italien werden dadurch attraktiver, aber sie müssen andere Qualitäten haben als früher. Noch vor einigen Jahren stand für Immobilieninteressenten das Urlaubsfeeling an erster Stelle, etwa im abgelegenen Landhaus mit Olivenhain. Nun sind ihnen schnelles Internet und eine gute Nahversorgung wichtiger als ein Pool oder unmittelbare Strandnähe. Remote Worker zieht es deshalb gerne in Städte wie Florenz, wo während der Siesta oder nach Feierabend mehr geboten ist als nur Meeresblick oder Olivenbäume.
Immobilien-Italienisch
Der Kauf eines Domizils in Italien unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von Deutschland. Folgende zehn Begriffe sollten Hauskäufer kennen
Zweitwohnsitze im Trend
Auch Italiener selbst investieren seit der Pandemie verstärkt in Zweitwohnsitze – nicht zuletzt, weil Immobilien immer noch als guter Schutz gegen die Inflation gelten. Der Lockdown löste einen regelrechten Boom aus: 2022 stieg der Verkauf von Zweitwohnungen nach Angaben der italienischen Beobachtungsstelle für Tourismusimmobilien FimaaConfcommercio e Nomisma um mehr als 30 Prozent. Auch der allgemeine Immobilienmarkt legte zu; der Wachstumstrend wurde jedoch in den ersten Monaten dieses Jahres unterbrochen. Der negative Trend ist jedoch ausschließlich auf weniger Verkäufe von Erstwohnungen zurückzuführen, wie die Statistik des Consiglio Nazionale del Notariato, der italienischen Notariatskammer, zeigt. Der Markt für Zweitwohnungen wächst weiter, durch inländische Nachfrage genauso wie durch ausländische. Ausländer interessieren sich vor allem für Dreizimmerwohnungen, die 30 Prozent aller Verkäufe ausmachen. Knapp dahinter folgen mit 29 Prozent Villen und mit 25 Prozent Zweizimmerwohnungen.
Gardasee beliebt und teuer
Während Italien als zweigeteilt wahrgenommen wird – der reiche Norden versus den armen Süden –, ist das Land, was seine Immobilienpreise betrifft, dreigeteilt: In den Metropolen wie Mailand oder Rom sind die Preise im Vergleich zum Rest des Landes hoch. Besonders teuer sind dagegen die beliebten Ferienregionen: Nummer eins ist, sowohl was die Beliebtheit als auch die Preise betrifft, der Gardasee.
Auch Venedig ist alles andere als preiswert, und die Costa Smeralda im Norden Sardiniens gilt als Hotspot für Milliardäre. Das hohe Preisniveau der Regionen korreliert laut Savills mit der Anzahl der Immo-Suchanfragen. Mehr als ein Drittel aller Interessenten sucht Immobilien am Gardasee, 18 Prozent wollen sich ein Heim in der Toskana kaufen. Zusammen mit Ligurien, Sardinien und Lombardei vereinen diese fünf Regionen 77 Prozent der Anfragen.
Zu den teuersten Regionen zählt ebenso Südtirol: Laut dem Immobilienportal immobiliare.it lag der durchschnittliche Angebotspreis für Domizile in Trentino-Alto Adige im Juni bei 3.150 Euro, dicht gefolgt vom Aostatal mit dem Nobelskiort Courmayeur am Fuße des Mont Blancs. Dort kostete eine Wohnimmobilie pro Quadratmeter 2.717 Euro. Die günstigsten Quadratmeterpreise verzeichnet das Internetportal mit 924 Euro in Kalabrien.
Schnäppchen in Geheimtipp-Regionen
Erschwinglich sind die Gegenden abseits der touristischen Hochburgen: Apulien am Absatz des italienischen Stiefels mit seiner 800 Kilometer langen Küste, dem kristallklaren Meer und seinem typisch süditalienischen Flair wird als neuer Geheimtipp gehandelt – obwohl die Region rund 1.000 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ist. Auch in den Marken, in Sizilien, Umbrien und Teilen des Piemonts sind die Preise günstig. In mehr als 70 Gemeinden kann man sogar richtige Schnäppchen machen: Um der Entvölkerung der Kleinstädte und Dörfer entgegenzuwirken, warten hier 1-Euro-Häuser auf sanierungswillige Immobilieninteressenten, ausdrücklich auch auf Ausländer. Der Haken: Käufer müssen je nach Ort innerhalb von maximal zwei, drei oder sechs Monaten einen Renovierungs- oder Sanierungsplan vorlegen und nach erteilter Baugenehmigung innerhalb von zwei Monaten mit der Sanierung beginnen. Außerdem müssen sie die Kaufnebenkosten tragen, die im europäischen Vergleich hoch sind.
Auch beim Kauf normaler Immobilien gibt es in Italien einige Fallstricke, denn das italienische Recht ist komplexer als das deutsche, und die bürokratischen Besonderheiten sind schon für Einheimische eine Herausforderung – für Ausländer erst recht. Aber wer sich durch den Bürokratiedschungel kämpft, wird belohnt: mit Dolce Vita in Bella Italia.
BEL 05/23