An den Kärntner Seen
An den Kärntner Seen passiert Bemerkenswertes: Erstmals seit Langem kommen Objekte auf den Markt. Ein Generationswechsel. Und das Salzkammergut wird immer gefragter
Hias nennen sie ihn. Und er sich selbst „der Letzte seiner Art“. Hias ist nämlich hauptberuflich Senner, ein aussterbender Beruf. Zumindest im Sommer arbeitet er auf der Alm. Da passt er auf Kühe mittlerweile mehrerer Almen auf und sorgt unter anderem dafür, dass hundebegleitete Wanderer Abstand halten. Den Winter über arbeitet er „ganz normal am Schlepplift“, wie so viele hier. „Der schönste Arbeitsplatz der Welt“, sagt er, lässt dabei seine Blicke schweifen über die grünen Almen und fixiert den Blick in der Ferne. Dort, wo sich der Attersee als dunkelblauer Punkt abzeichnet. „Da drunten ist eine andere Welt, dort ist das Highlife – und hier das genaue Gegenteil.“
Tatsächlich hat Österreich in mehrfacher Hinsicht noch immer so ein bisschen was von Disneyland im Großen, nur mit echten Lebenssituationen: eine – überwiegend – heile Welt mit intakter Natur, und alles auf kleinstem Raum. So vielfältig wie das Land, so unterschiedlich sind hier auch die Ferienimmobilien – von der Badehütte mit Schilfdach am Neusiedlersee unter 100.000 Euro über die mehrstellige Millionenwohnung in Kitzbühel oder ähnlich teure Penthouses am Wörthersee oder Atterseevillen bis zur Almhütte ist das Angebot höchst unterschiedlich. Die größte gemeinsame Klammer ist da wohl die preisliche Entwicklung. Und die ging selbst in den gerade zu Ende gehenden Krisenjahren in diesem Segment berechenbar nach oben.
In Bestlagen wie Attersee, Wörthersee oder Kitzbühel können die Preise für exklusive Ferienwohnungen rasch mal eine oder mehrere Millionen Euro kosten. Erst unlängst wurde in Kitzbühel ein Haus für etwa 12,2 Millionen Euro verkauft. Ein österreichischer Rekord. Aber das ist buchstäblich nur die Spitze des Eisberges. Denn generell sind die Preise hier auf einem Niveau, wie man es sonst wohl eher aus dem relativ nahe gelegenen München kennt.
Der durchschnittliche Verkaufspreis im Bezirk Kitzbühel lag 2023 bei knapp über 2,2 Millionen Euro und damit in etwa auf dem Niveau der beiden Vorjahre. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen stieg 2023 im Vorjahresvergleich hingegen um 15,1 Prozent und damit erstmals auf über 10.000 Euro pro Quadratmeter. Dabei ist der Raum Kitzbühel an sich gar kein Einzelfall, wenngleich er die Preistabelle sehr wohl anführt. Und zwar österreichweit.
Nur wenige Kilometer entfernt ist die Welt schon eine andere. Der Wohnimmobilienmarkt in der Region Achensee-Zillertal zeichnet sich durch eine hohe Nachfrage und entsprechend hohe Preise aus. Nach starken Preissteigerungen 2022 sank der durchschnittliche Preis für Eigentumswohnungen 2023 im Bezirk Schwaz nur leicht um 3,2 Prozent auf rund 4.800 Euro pro Quadratmeter, nur um in diesem Jahr bereits wieder zu steigen. Der mittlere Verkaufspreis für Ein- und Zweifamilienhäuser stieg durch einige hochpreisige Verkäufe sogar auf über 700.000 Euro. Besonders attraktiv sind Einfamilienhäuser am Achensee mit direkter Seelage. In diesem Segment ist 2024 in sehr guten Lagen mit Höchstpreisen von drei Millionen Euro zu rechnen, während bei Eigentumswohnungen in Spitzenlagen Quadratmeterpreise bis zu 8.500 Euro möglich sind.
Aber auch außerhalb von Tirol herrschen gelegentlich fast „Kitzbüheler Verhältnisse“. Auch am Kärntner Wörthersee wird tendenziell eher in Millionen gerechnet. Experten prognostizieren, dass die Nachfrage nach Luxusimmobilien am Wörthersee aufgrund der Vorteile der Region und der Herausforderungen in den südlichen europäischen Urlaubsländern – wie vermehrte Waldbrände, extreme Temperaturen, Wasserverschmutzung und eine verschlechterte Sicherheitslage durch vermehrte Einbrüche – in den kommenden Jahren noch weiter steigen und möglicherweise explodieren wird. Dies wird voraussichtlich zu einem deutlichen Anstieg der Preise führen.
Gleichzeitig kommen gerade jetzt besonders viele sehr attraktive Immobilien rund um den Wörthersee auf den Markt, wie das seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall war.
Der Grund ist, dass aktuell hier eine Generation von Erben unterwegs ist, die sich von zum Teil ganz besonders attraktiven Immobilien, teils sogar direkt am Ufer des Wörthersees, zu trennen bereit ist. Dies ist ein einzigartiges „window of opportunity“, das sich auch bald wieder schließen dürfte.
Jedenfalls gibt es in Kärnten noch eine Vielzahl anderer Seen, die zwar von der Ausdehnung und den dortigen Quadratmeterpreisen her etwas kleiner daherkommen, in puncto landschaftlicher Attraktivität aber praktisch genauso schön sind. Ein ähnlicher Hotspot wie Kärnten und derzeit besonders im Kommen ist das Salzkammergut. Das gilt auch für die umliegenden Seen, wie zum Beispiel den Mondsee oder den Attersee. Besonders in touristisch attraktiven Orten wie Hallstatt, Bad Ischl oder St. Wolfgang sind die Immobilienpreise bis 2022 signifikant gestiegen. Und jedenfalls im Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser klettern sie nach einer Pause 2023 bereits wieder.
Die Preisspannne bewegt sich hier zwischen zwei und acht Millionen Euro, in den guten Lagen sind es aber immer noch 1,3 bis zwölf Millionen Euro, die im laufenden Jahr erwartet werden. Gleichzeitig sind die Nachfrage und die Zahl der Transaktionen hier trotz der steigenden Preise konstant hoch. 400 bis 500 dieser Objekte werden pro Jahr neu verbüchert. Besonders gefragt bleiben weiterhin Traumobjekte an den 76 Seen der Region sowie Panoramalagen in den Bergen. Auch hier gibt es bereits die ersten Luxusimmobilien, für die ein zweistelliger Millionenbetrag verlangt wird. Die Quadratmeterpreise für Premiumwohnungen knabbern da bereits heftig an der 20.000-Euro-Grenze.
Ein ganz neuer Trend in Österreich sind die sogenannten Buy-to-let-Modelle. Dabei wird eine Ferienimmobilie mit der klaren Verpflichtung verkauft, dass der Käufer diese an Touristen vermietet. Dadurch kann eine Liegenschaft mit Tourismuswidmung entsprechend bebaut werden. Eine temporäre Eigennutzung ist hier zwar möglich, zwingend ist aber die überwiegende zeitweilige Vermietung. Und das wird neuerdings – zumindest in den besonders begehrten Regionen – auch recht strikt kontrolliert. So gibt es gerade am Wörthersee ein Neubauprojekt mit diesem Modell, das trotz der prominenten Käufer vom Abriss bedroht ist, weil die Behörde die Auffassung vertritt, es gäbe hier widmungswidrig keine (ausreichende) Vermietung. Ein Rechtsstreit dazu entbrennt gerade eben, auf dessen Ausgang Buy-to- let-interessierte Ferienimmobilienkäufer gespannt sein dürften.
Gut zu wissen – Immobilienkauf in Österreich
Die Preise haben in Österreich zuletzt stark angezogen. Nicht überall aber gleichermaßen. Es kommt zunehmend auf die Mikrolage an
BEL 05/24