Kiel lockt mit Lagevorteilen und Lebensqualität
Kiel gehört sicher nicht zu den imageträchtigsten Großstädten in Deutschland. Bei genauerer Betrachtung könnte man das durchaus als Fehler bezeichnen
Den Begriff „hidden champions“ dürften viele schon einmal gehört haben. Hierbei handelt es sich zumeist um Universitätsstädte mit Steigerungspotential in Sachen Immobilien. Auch BELLEVUE hat diesen sogenannten Helden der zweiten Reihe schon einmal eine Serie gewidmet. Freiburg, Heidelberg, Bremen oder Rostock werden diesbezüglich des Öfteren genannt. Warum Kiel in dieser Auflistung selten oder gar nicht erwähnt wird, verwundert da schon ein wenig. Fakt ist jedenfalls: Die Rahmendaten der Fördestadt sind überaus interessant.
Zahlreiche Vorzüge
Zunächst einmal ist Kiel die Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins, Universitätsstandort und zählt mit fast 250.000 Einwohnern zu den 30 größten Städten Deutschlands. Direkt an der Ostsee beziehungsweise der Förde und dem Nord-Ostsee-Kanal gelegen, sind die Schifffahrt und das Wasser im Speziellen sozusagen lebensbestimmend. Das gilt für die Kreuzfahrt, die Marine, aber auch für Freizeit oder Sport. Und letztlich auch für den Immobiliensektor. Wie bringt es ein Experte im Gespräch auf den Punkt: „Wer nach Kiel kommt, will einfach die Nähe zum Wasser. Es muss nicht unbedingt in Sichtweite, aber zumindest doch in wenigen Minuten erreichbar sein.“
Dass dies möglich ist, liegt nicht zuletzt auch an der Stadtentwicklung. So hat man es geschafft, die Lagen an den diversen Gewässern für die Bewohner zugänglich zu machen – sei es durch lange Küstenpromenaden oder Sandstrände. Und das vor allem auch in der Stadt. Ein Vorteil in Sachen Lebensqualität, den nicht wirklich viele Großstädte bieten. Überhaupt komme man, so wird berichtet, in der Region in nur 15 Minuten fast überall hin – ob nun ins Zentrum oder zum Strand.
Beliebte Adressen
Apropos Strand: Dass sich die absoluten Toplagen auch in dieser Region direkt am Wasser befinden, liegt auf der Hand. Allerdings fällt auf, dass die befragten Immobilienmakler in ihrem Ranking vor allem Standorte nennen, die sich gar nicht im Stadtgebiet Kiels befinden. Klar rangieren Düsternbrook am Westufer der Förde und Schilksee im Norden unter den Top 5, doch am höchsten und teuersten werden die Umland-Orte Kitzeberg und Strande eingestuft. Kitzeberg liegt als Villenkolonie und Ortsteil von Heikendorf am Förde-Ostufer direkt gegenüber der Mündung des Nord- Ostsee-Kanals. Nicht zuletzt der traditionsreiche Golfclub Kitzeberg im angrenzenden Waldgebiet sorgt für die entsprechende Anziehungskraft.
Auch im elitären Ostseebad Strande spielt Golf eine nicht unerhebliche Rolle. Der nahe gelegene Golf- und Landclub Gut Uhlenhorst gehört zu den renommiertesten Kursen in Norddeutschland. Hinzu kommen der Kieler Yachtclub und nicht zuletzt prominente Bewohner wie der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki. Dabei ist auch Strande „nur“ ein ehemaliger Militärstützpunkt.
Bewegende Geschichte
Überhaupt sind Militär und Marine im Laufe der Geschichte prägend für die Fördestadt. Vor rund 160 Jahren siedelt Preußen in Kiel die Marine an. 1918 wohnen bereits rund 300.000 Menschen hier. Nach dem 1. Weltkrieg zieht die Marine wieder ab, und der wirtschaftliche Abschwung Kiels beginnt. Im Zuge des Nationalsozialismus wird man wieder Militär- und Rüstungsstandort. Nicht ohne Folgen, denn gegen Ende des Krieges ist die Stadt zu drei Vierteln zerstört. Historische Immobilien sucht man daher oftmals vergeblich. Mit der Ernennung zur Landeshauptstadt im Jahr 1946 geht es wirtschaftlich wieder aufwärts. Nicht zuletzt erneut mit Hilfe von Marine und Seehafen.
Weitere Potentiale
Auch wenn in Kiel die Mühlen immer et- was langsamer mahlen als anderswo, stehen noch zwei weitere Areale am Wasser in den Startlöchern. Das ist zum einen die Bebauung der Hörn. Auf dem Areal in der Kai City Kiel, einer ehemaligen Industriebrache, gibt es 17 Baufelder auf insgesamt 27 Hektar Fläche. Wohnen (ca. 1.500 Einheiten) und Arbeiten sind hier perspektivisch geplant – ergänzt durch soziales Leben, Gastronomie und Kultur.
Das andere, womöglich noch bemerkenswertere Projekt ist das Sanierungsgebiet Holtenau-Ost. Das ehemalige Marineareal MFG 5 sowie der Standort des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes sollen zu einem Leuchtturmprojekt in Sachen zukunftsorientiertes und vernetztes Stadtquartier werden. So richtig voran geht es in letzter Zeit jedoch nicht. Allerdings erwarten die Experten vom Standort
Holtenau und der etwas südlicher liegenden Wik in Zukunft einiges. Noch seien diese Lagen aufgrund der zum Teil kleinteiligeren und klassischen Rotklinkerbebauung unterbewertet. Doch allein die Lage direkt an Förde und Nord-Ostsee-Kanal sollte diesen „Dornröschenschlaf“ in absehbarer Zeit beenden.
Lagen und Preise
ZWISCHEN STADT UND STRAND
Was in Kiel zählt, ist die Nähe zum Wasser. Angesichts der Ostsee und der weltweit meistbefahrenen künstlichen Seeschifffahrtsstraße, des Nord-Ostsee-Kanals, ist dies kein Wunder. Aber auch die kurzen Wege sind ein Vorteil
Attraktive Peripherie
Auch wenn im Stadtgebiet infrastrukturell alles geboten wird, hat Kiel zahlreiche interessante Orte im direkten Einzugsbereich. Dazu zählen Kronshagen, Altenholz oder Mönkeberg direkt an der Stadtgrenze oder das touristische Laboe an der Ostsee. Beachtenswert sind jedoch vor allem auch Probsteierhagen im Osten der Stadt und Gettorf im Nordwesten. Hier ist es ländlicher und günstiger, bei dennoch guter Anbindung an die City. „Ein wenig Bullerbü“, wie es ein Experte bezeichnete.
BEL 06/23