Immobilienmarkt Österreich: die Party geht weiter
Mehr Verkäufe, höhere Preise. Der Immobilienmarkt im Alpenland dreht sich immer schneller – mit Wien als Flaggschiff an der Spitze
Sie sind wieder da – die für die Stadt Wien so wichtigen Touristen. Fast 70 Prozent weniger Gäste während der Pandemie zwangen Gastronomie und Hotellerie fast in die Knie, doch im Frühjahr 2022 geht so etwas wie ein kollektives Aufatmen durch die Stadt. Die Straßencafés und Restaurants sind voll, und zwischen Hofburg und Stefansdom drängeln sich die Besucher fast wie in alten Zeiten.
Rekordjahr 2021
Die Immobilienmakler hingegen haben schon länger Grund zum Feiern, denn seit einigen Jahren kennen die Immobilienpreise in Österreich nur eine Richtung, nämlich nach oben. Nach einer kurzen Schockstarre Anfang 2020 konnte auch die Pandemie den Boom nicht bremsen – ganz im Gegenteil, wie die Marktexperten bestätigen. Ob mehr Platz für Homeoffice oder Zweitwohnsitz als Ausweichziel, in den letzten zwei Jahren nahm die Immobiliennachfrage konstant zu. Allerorts übersteigt die Nachfrage bei Weitem das Angebot.
Für 2021 meldet der RE/MAX-ImmoSpiegel einen Rekord nach dem anderen. Nie wurden in einem Jahr in der Alpenrepublik mehr Immobilien verkauft, und das Verkaufsvolumen stieg um mehr als 20 Prozent auf über 43 Milliarden Euro an.
Weltstadt Wien
Den Löwenanteil an diesem beeindruckenden Transaktionsvolumen hat die Hauptstadt. Knapp zwei Millionen Menschen leben in der Donaumetropole, das ist knapp jeder vierte Österreicher. Bei den Immobilienwerten entfiel mit gut 12 Milliarden Euro sogar rund ein Drittel auf die Donaumetropole mit ihren 23 Stadtbezirken. Teuerste Lage ist der erste Bezirk mit dem historischen Zentrum, die Quadrat-
meterpreise liegen hier im Schnitt über 11.000 Euro. Wien lockt mit Lebensqualität, urbanem Schick und Jobs. Deutsche Käufer suchen zumeist das „gutbürgerliche“ Wien. Geschmackvoll sanierte Jugendstil-Altbauten in Zentrumsnähe, gerne fußläufig zum nächsten Park, wie zum Beispiel in der Josefstadt, dem 8. Bezirk. Kreative und junges Publikum entdecken zunehmend die Leopoldstadt, den zweiten Bezirk. Das potentielle neue „In-Viertel“ wurde 2021 schon deutlich teurer, hier stiegen die Preise innerhalb eines Jahres um 20 Prozent.
Teuer in Tirol
Im touristisch beliebten Tirol steht Kitzbühel bei den Immobilienpreisen seit Jahren an der Spitze. Tür an Tür mit Stars und Sternchen zu wohnen hat seinen Preis. In Sonnberg und am Lebenberg liegen die Quadratmeterpreise für Luxuswohnungen derzeit zwischen 20.000 und 30.000 Euro. Ähnlich hochpreisig sind auch Reith, Aurach und Jochberg. Trotz des gesalzenen Preisniveaus können die örtlichen Immobilienmakler keinen Rückgang in der Nachfrage feststellen, vor allem sonnige Aussichtslagen sind begehrt und werden hoch gehandelt.
Aber auch in der Landeshauptstadt Innsbruck kostet ein Haus laut Marktbericht von Engel & Völkers mittlerweile gut eine Million Euro. Die Studentenstadt zählt zu den Gewinnern des Immobilienbooms, hier stiegen die Preise in den letzten Jahren überproportional.
Seelig am See
Auch im südlichsten Bundesland Kärnten ist der Markt kräftig in Bewegung. 2021 stiegen im Zehnjahresvergleich des RE/MAX-ImmoSpiegels die Verbriefungen um 128,5 Prozent. Insgesamt wurden Immobilien im Wert von 2,27 Milliarden Euro gehandelt, was einer Steigerung von über 35 Prozent entspricht. Vor allem die Seelagen haben kräftig zugelegt, hier trifft einheimische Nachfrage auf Anfragen aus Deutschland, da Zweitwohnsitze noch nicht reglementiert sind. Zu den Toplagen zählen die drei großen Seen, der Wörthersee, der Millstädter See und der Ossiacher See.
Geheimtipp Graz
Günstigere Einstiegspreise finden Immobilienkäufer noch in der Steiermark. Allerdings sind auch hier die Preise gestiegen, vor allem in der Landeshauptstadt Graz. Mittlerweile werden in Graz die Immobilien im Schnitt eben noch unter 3.500 Euro pro Quadratmeter gehandelt, noch vor zwei Jahren lagen die Preise um die 3.000 Euro pro Quadratmeter. Touristisch bekannte Regionen wie Schladming erlebten in den letzten zwei Jahren einen regelrechten Run auf Zweitwohnsitze. Bisher sind sie in der Quote noch nicht reglementiert, aber die Forderungen an die Politik werden diesbezüglich lauter. In touristischen Gemeinden ist zum Teil jedes dritte Haus ein Zweitwohnsitz – und Jahr für Jahr werden es mehr.
Salzburgs Strahlkraft
Zweitwohnsitze sucht man in der Mozartstadt häufig vergeblich. Neue Projekte werden nicht mehr bewilligt, und Bestandsimmobilien mit entsprechender Widmung kommen nur selten auf den Markt. Dennoch wird der Immobilienmarkt konstant auch durch zahlungskräftige Nachfrage aus dem Ausland befeuert. Schon im letzten Jahr berichteten lokale Marktexperten, dass vor allem aus Deutschland das Interesse an Erstwohnsitzen stark zugenommen hat. Neubauten in guten Stadtlagen liegen bei über 15.000 Euro pro Quadratmeter. Überproportional zugelegt hat auch das Umland, vor allem Gemeinden entlang der relativ jungen S-Bahn-Linie profitieren vom Wachstum der wirtschaftlich gut aufgestellten Region.
Gut zu wissen – Immobilienkauf in Österreich
Wir teilen uns nicht nur die gemeinsame Sprache mit unseren Nachbarn, auch der Immobilienkauf in Österreich läuft ähnlich ab wie in Deutschland. Ein paar Dinge sollten Sie aber vorab wissen
Kaufvertrag EU-Bürger dürfen in Österreich grundsätzlich ohne Einschränkung Immobilien erwerben. Häufig wird vor dem offiziellen Kaufvertrag ein Vorvertrag, meist „Kaufanbot“ genannt, erstellt. Vorsicht, dieser ist bereits rechtswirksam: Mit Unterzeichnung verpflichtet sich der Käufer, die Immobilie verbindlich zu den vereinbarten Konditionen zu erwerben, sofern der Verkäufer diesem zustimmt. Bei einem späteren Rücktritt werden Vertragsstrafen fällig. Für die Grundbucheintragung, die „Verbücherung“, ist dann ein notariell beglaubigter Kaufvertrag erforderlich. Im Grundbuch sind – wie in Deutschland auch – alle Lasten, Pflichten und Rechte zu der Immobilie eingetragen.
Kaufnebenkosten Die Nebenkosten für Immobilienerwerb in Österreich betragen in Summe rund 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises. Die Maklerprovision richtet sich nach dem Kaufwert und beträgt in der Regel für den Käufer drei Prozent plus Mehrwertsteuer. Die Provisionshöhen sind im Maklergesetz (MaklerG) geregelt. Die Grunderwerbsteuer beträgt 3,5 Prozent des Kaufpreises und muss vor Eintragung bezahlt sein. Für die Grundbucheintragung werden Gebühren in Höhe von 1,1 Prozent des Kaufpreises erhoben, und die Notarkosten betragen in der Regel zwei bis drei Prozent des Kaufpreises.
Bestellerprinzip Die Teilung der gesamten Maklerprovision (in der Regel sechs Prozent zzgl. MwSt.) zu gleichen Teilen auf Käufer und Verkäufer ist in Österreich zwar durchaus üblich, aber keine gesetzliche Vorschrift. Die Regierung hatte zwar Pläne, das in Deutschland bereits geltende „Bestellerprinzip“ auch n der Alpenrepublik einführen, doch ein konkreter Gesetzentwurf liegt noch nicht vor.
Erbschafts- und Schenkungssteuer Seit 2008 gibt es in Österreich keine Erbschafts- und Schenkungssteuer mehr, allerdings wird auf die Schenkung und Vererbung von Immobilien Grunderwerbsteuer erhoben. Diese beträgt je nach Verwandtschaftsgrad zwischen zwei und 3,5 Prozent auf den Verkehrswert. Zweitwohnsitze In Österreich regeln die Bundesländer die Zulassung für Zweitwohnsitze. Die Länderregierungen geben den Gemeinden die maximal zulässige Quote an Zweitwohnsitzen vor. Die zuständige Behörde ist die Grundverkehrsbehörde, rechtliche Grundlage ist das Grundverkehrsgesetz, das gleichermaßen für Einheimische wie Ausländer gilt. Ist das Kontingent erschöpft, werden keine neuen Zweitwohnsitzwidmungen mehr genehmigt. Vor allem in Tirol, Salzburg und Vorarlberg gelten strenge Beschränkungen, Neubauten werden nur in Ausnahmefällen als Zweitwohnsitz genehmigt.
Hinweis: Dieser Artikel dient nur der Information und stellt keine Steuer- oder Rechtsberatung dar. Änderungen vorbehalten.
Stand: Mai 2022.
BEL 04/22