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SKYLINE MIAMI Pulsierend, hochentwickelt, stilvoll: Miami hat sich in den vergangenen Jahren zum Drehkreuz für den Handel mit Lateinamerika entwickelt | FOTO: iStock.com/espiegle

Ein flirrender Feuerball über türkisfarbenem Wasser. Weißer, puderfeiner Sand unter den Füßen. Ein Schwarm Pelikane zieht über den Spülsaum, im klaren Wasser tummeln sich zwei verspielte Delfine. Von irgendwoher erklingt Reggae-Musik, während ein warmer Wind in den Palmwedeln rauscht. Kann das alles denn wahr sein?

Ja, es kann! Und so ist Florida – rein geografisch gesehen nicht mehr als ein 800 Kilometer langer Appendix am Kontinent Nordamerika – eine der größten Projektionsflächen für Träume und Sehnsüchte, die die USA zu bieten haben. Für Touristen ebenso wie für Einwanderer oder für Teilzeit-Residenten. Und natürlich für Tausende sogenannter „Snowbirds“, die aus dem Norden kommen und unter südlicher Sonne, gern auch im schmucken Zweitwohnsitz, überwintern. Dabei handelt es sich nicht um weiße Zugvögel, sondern um – vorwiegend – weißhaarige Damen und Herren. Pensioniert, mit viel Zeit, dem passenden finanziellen Hintergrund und dem festen Willen, jeglicher Kälte ihrer Heimat zu entfliehen und es sich im Sunshine State gut gehen zu lassen. Sie kommen aus Kanada, aus New York, Illinois, Nebraska, Wisconsin oder Ohio. Und zunehmend auch aus europäischen Gefilden.

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SARASOTA Die Stadt an der sonnenverwöhnten Westküste Floridas bietet nicht nur weiße Traumstrände, sondern auch Kunst und Kultur von Weltrang | FOTO: IMAGO/Felix Mizioznikov

Vom Euro in den Dollar

Tatsächlich erwägen immer mehr Deutsche, Österreicher und Schweizer einen Hauskauf in Florida. Angefangen von vergleichsweise niedrigen Grunderwerbskosten über geringe Grundsteuern bis hin zu sehr wenig Bürokratie für Immobilieneigentümer – die Liste der Vorteile ist lang. Hübsche Häuser mit Garten und Palmen sind mancherorts bereits ab 250.000 USDollar zu bekommen – eine mögliche Wertsteigerung inklusive. Die Diversifizierung aus dem derzeit als unsicher empfundenen Euro- in den Dollar-Raum ist für viele private Investoren ein zusätzlicher Beweggrund für den Kauf einer Florida-Immobilie. Staatlicher Zugriff und Einflussnahme? Es gibt vermutlich keinen Amerikaner, der bei Fantasien von Wärmepumpen oder Lastenausgleich für Immobilien nicht sofort auf die Barrikaden gehen würde.

Grundsätzlich kann jeder – ob mit Visum oder ohne – eine Immobilie in den USA kaufen. Für die Abwicklung genügt ein zuverlässiger Makler vor Ort. Der Immobilienkauf und -verkauf funktioniert ähnlich wie in Deutschland mittels Notar und Treuhandkonto. Sobald der Vertrag geschlossen und die Anzahlung geleistet wurde, beginnt die Inspektionsfrist, in der die Immobilie auf Herz und Nieren geprüft wird. Typischerweise macht das ein „Home Inspector“. Im Anschluss erhält der Kaufinteressent dann einen mehrseitigen Bericht, der auch wichtig für die Versicherung ist. Denn aus der im Prüfbericht abgeleiteten Einschätzung bemisst sich die monatliche beziehungsweise jährliche Versicherungsprämie. Und wenn der Bericht des Traumhauses oder Condos keine bösen Überraschungen enthält, bereiten die US-Notare die Kaufunterlagen vor, und es kommt zum Erwerb der Immobilie. Will man das Objekt mit einem US-Kredit finanzieren, lohnt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit diversen Brokern – und das „Shoppen“ nach dem günstigsten Kreditzins und den besten Konditionen.

Generell sind die Marktbedingungen für Käufer derzeit durchaus günstig, zeigte sich der Markt im vergangenen Jahr USA-weit doch eher schwächelnd. So waren im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen auf den höchsten Stand seit 2001 gestiegen, in Folge kletterte der Zinssatz für einen 30-jährigen Hypothekenkredit auf mehr als 8,5 Prozent. Durch die hohen Finanzierungskosten wurde der Hauskauf für Millionen von Haushalten unerschwinglich. Gepaart war die dadurch schrumpfende Nachfrage mit einem knappen Angebot. „Durch den perfekten Sturm aus Inflation, hohen Zinsen und Häuserpreisen sowie der geringen Verfügbarkeit von Immobilien war 2023 das schwierigste Jahr in der jüngeren Geschichte des Immobilienmarktes“, erklärt Elijah de la Campa, Ökonom beim Online-Maklerunternehmen Redfin. Viel spricht allerdings dafür, dass es nun wieder bergauf geht. So fielen die Zinsen für Kredite mit 30-jähriger Laufzeit auf 6,88 Prozent (Stand: 18. März 2024) und dürften in der Erwartung, dass die US-Notenbank den Leitzins bald senken wird, weiter nachgeben.

Der Aufwärtstrend macht sich auch in den jüngsten Daten bemerkbar. So stieg im November USA-weit die Zahl bestehender Eigenheime, die verkauft wurden, das erste Mal in fünf Monaten. Auch konnten Bauunternehmen mehr neue Häuser an die Kunden bringen als noch ein Jahr zuvor. Hinzu kommt, dass die Anträge auf Darlehen wieder zulegen. „Ich rechne damit, dass 2024 die Zahl der verkauften Häuser und Wohnungen von 4,8 auf 5,5 Millionen steigen wird“, schätzt Lawrence Yun, Chefvolkswirt beim Maklerverband National Association of Realtors (NAR), die weitere Entwicklung positiv ein.

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TAMPA Nach Jahren explosiven Wachstums hat sich die Region um die Tampa Bay zum hippen, urbanen Herz von Floridas Westküste entwickelt | FOTO: iStock.com/SeanPavonePhoto

Langsam wieder bergauf

Auch in Florida stehen die Zeichen wieder auf Aufschwung. „Wir erwarten, dass sich der hiesige Immobilienmarkt im Jahr 2024 langsam erholen wird“, glaubt Dr. Brad O’Connor, Chefökonom des Branchenverbands Florida Realtors. Die abgeschlossenen Verkäufe von Einfamilienhäusern im gesamten Bundesstaat beliefen sich laut Florida Realtors im Januar 2024 auf insgesamt 14.851, was einem Anstieg von 0,6 Prozent gegenüber dem Niveau vom Januar 2023 entspricht. Die Verkäufe bestehender Eigentumswohnungen betrugen insgesamt 6.008, ein Rückgang von 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, was allerdings auch als Spiegel des deutlich verknappten Angebots gedeutet werden kann. Im Januar lag der landesweite mittlere Verkaufspreis für bestehende Einfamilienhäuser bei 405.000 US-Dollar, 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr; für Eigentumswohnungen betrug er 320.000 US-Dollar, ein Anstieg von 3,2 Prozent gegenüber Januar 2023. Der Median beschreibt dabei den Mittelwert: Die Hälfte der Häuser wurde für mehr, die andere Hälfte für weniger verkauft.

Richtung Käufermarkt

Manche Experten vermuten gar, dass in einigen attraktiven Regionen Floridas das Pendel von einem „Verkäufermarkt“ schon wieder in Richtung „Käufermarkt“ geschwungen ist. Häuser, die beispielsweise in Boca Raton oder Miami angeboten werden, sind häufig innerhalb von Tagen weg. Die Europäer haben in der Gegend in den vergangenen Jahren dabei heftige Konkurrenz bekommen, neben Kanadiern sind vor allem Käufer aus Südamerika unterwegs. „In Miami fließt momentan wieder viel Geld in die Stadt“, fasst die Deutsch-Amerikanerin Marion Kaarina Ott zusammen, die seit 1996 als Maklerin in Florida tätig ist. Und die Interessenten aus „Good ol’ Germany“ mischen dabei kräftig mit. Laut einem Bericht der Miami Association of Realtors verzeichnete Deutschland im Dezember 2023 die weltweit meisten Websuchen nach Immobilien in Südflorida, noch vor Kolumbien, Argentinien und Kanada.

Deutlich konsolidiert präsentiert sich die Situation auch auf der anderen Seite des Staates an der Golfküste. „Hier scheint sich die Situation eingependelt zu haben“, beschreibt es Dr. Frank Dittschar, seit fast fünf Jahren selbstständiger Makler in Fort Myers. Der mittlere Preis in der bei Deutschen beliebten Region Cape Coral und Fort Myers ist vom 4. Quartal 2022 zum 4. Quartal 2023 um 3,4 Prozent auf 400.000 US-Dollar gefallen, hat sich inzwischen aber stabilisiert. Tatsächlich ist die Zahl der Verkäufe im gleichen Zeitraum um satte 19,4 Prozent gestiegen – ein deutliches Indiz für einen wiederbelebten Markt. Für Käufer von Ferienhäusern ergeben sich dabei gute Einstiegschancen. Weiter südlich in der Region Naples und Marco Island fiel der „median sales price“ bei Einfamilienhäusern um 5,9 Prozent – dies allerdings auf einen noch immer stolzen Preis von 755.000 Dollar.

Für branchenweite Verunsicherung sorgte zuletzt allerdings das Urteil eines Bundesgerichts, laut dem US-Immobilienmakler ihren Kunden zukünftig nicht mehr Provisionen in Höhe von sechs Prozent vorschreiben können. So war es bisher gang und gäbe, dass auf den Vertreter des Hauseigentümers und den Makler, der die Interessen des Käufers wahrnimmt, jeweils drei Prozent des vereinbarten Kaufpreises entfallen. Bestreiten muss die Provision allein der Eigentümer, der dadurch deutlich weniger am Verkauf verdient.

Nach einem Vergleich zwischen dem Maklerverband NAR und den 500.000 Klägern – Eigentümern, denen das Gericht 418 Millionen US-Dollar Schadenersatz zuerkannte – hat der zuständige Richter nun entschieden, das „gebündelte Provisionssystem“ aufzulösen. Dies dürfte zwar den Gesamtpreis von Immobilien senken. Für Hauskäufer hätte es aber zur Folge, dass die Gebühren in Höhe von mehreren tausend Dollar nicht in den Kredit verpackt und über 30 Jahre abgezahlt, sondern vorausgezahlt werden müssen. Das könnte gerade junge Erstkäufer, die nicht über eine ausreichende Liquidität verfügen, vom Hauskauf abschrecken. Zumindest vorübergehend …

Die beliebtesten Lagen und Preise

Aufgrund verschiedener Faktoren wie höheren Zinsen und mangelnder Erschwinglichkeit hat der rasante Aufwärtstrend der vergangenen Jahre in Florida hier und da eine Verschnaufpause eingelegt. Hier die Situation in einigen der besonders von Deutschen Ferienhauskäufern und Investoren bevorzugten Gegenden. Bitte beachten: Angegeben ist der offizielle mittlere Verkaufspreis

Tampa

Eine Stadt platzt aus allen Nähten: Der Großraum Tampa zählt nach Jahren explosiven Wachstums inzwischen mehr als 3,1 Millionen Einwohner und ist damit eine der größten Metropolen im Süden der USA. Etwas weiter im Norden erstreckt sich bei Clearwater Beach einer der feinsten Strände des Sunshine State. Die Attraktivität der Region zeigt sich auch bei den Immobilienpreisen: Der mittlere Verkaufspreis von Einfamilienhäusern (410.000 US-Dollar) und Apartments sowie Reihenhäusern (303.990 US-Dollar) zog bis zum 4. Quartal 2023 an.

Sarasota / Bradenton

Vom puderzuckerfeinen Traumstrand auf Siesta Key über die verschwenderischen Naturschönheiten türkisfarbener Lagunen – Sarasota ist eines der attraktivsten Ziele Floridas. Weiter nördlich bieten Bradenton und das vorgelagerte Anna Maria Island beste Voraussetzungen für Wasserfreunde und Bootsliebhaber. Soviel Schönheit hat ihren Preis: Die mittleren Verkaufspreise für Einfamilienhäuser (499.000 US-Dollar) und Condos (400.000 US-Dollar) gehören mit zu den höchsten in Florida.

Capre Coral / Fort Myers

Fort Myers’ historische Innenstadt hat sich in den letzten Jahren zu einem ansehnlichen Schwan gemausert. Nach den Zerstörungen durch Hurrikan Ian durchläuft Fort Myers Beach gerade eine Metamorphose. Cape Coral gilt als das Venedig Floridas und ist gerade unter deutschen Ferienhausbesitzern heiß begehrt. Statistisch sank der mittlere Verkaufspreis von Einfamilienhäusern (400.000 US-Dollar) hier zwischen dem 4. Quartal 2022 und 2023 mehr als anderswo – dabei spielte sicherlich Hurrikan Ian eine Rolle.

Naples / Marco Island

Naples ist nicht nur bei betuchten Amerikanern ein bevorzugtes Refugium. „Snowbirds“ kommen inzwischen aus vielen Ländern hierher auf der Suche nach Sonne und Wohlfühlklima. Und nicht alle haben gleich Millionen auf dem Konto. Aber viele eben doch. Weiter südlich bietet Marco Island einen Mix aus karibischem und venezianischem Flair. Die Region weist trotz jüngster Preisnachlässe mit die höchsten Immobilienpreise im Sunshine State auf: Häuser kosten im Schnitt 755.000, Condos 491.000 US-Dollar.

Miami / Fort Lauderdale / West Palm Beach

Miami und Miami Beach sind heute alles: pulsierendes Finanzzentrum, Hauptstadt von Kunst und Kultur, Sehnsuchtsort von Stars und Sternchen. Mit anderen Worten: eine echte Weltstadt. In Fort Lauderdale nennt kaum jemand, der an den 480 Kilometern Wasserwegen wohnt, kein Boot sein eigen. In West Palm Beach boomt modernes, junges Leben, während es gegenüber in Palm Beach als Beleidigung gilt, „nur“ als Millionär bezeichnet zu werden. Der unglaublichen Vielfalt der Region ist eines gemein: hohe und zuletzt noch einmal deutlich gestiegene Immobilienpreise mit Trend nach oben. Häuser kosten im 4. Quartal 2023 im Schnitt 600.000, Condos 332.000 US-Dollar.


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Dirk Rheker

langjähriger Chefredakteur des deutschsprachigen Reise-, Lifestyle- und Investmentmagazins Florida Sun Magazine aus Orlando

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