10 wichtige Fragen zum neuen Heizungsgesetz
Nach viel Hin und Her ist das neue Heizungsgesetz fast ein Buch mit sieben Siegeln. Damit Sie wissen, was auf Sie zukommt, beantwortet BELLEVUE die zehn wichtigsten Fragen und gibt Tipps für Eigentümer und Kaufinteressenten
Was ist nicht alles zum neuen Heizungsgesetz geschrieben, diskutiert, verworfen und dann entweder nicht geregelt worden, oder es hat am Ende doch Gesetzeskraft erlangt? Hierbei den Überblick zu bewahren ist nicht ganz einfach. Deshalb ist es sinnvoll, sein Wissen auf den neuesten Stand zu bringen.
Das neue Heizungsgesetz (genauer gesagt: das am 1.1.2024 in Kraft getretene „Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden – Gebäudeenergiegesetz“ alias GEG 2024) ist zwischen dem ersten Entwurf und dem jetzt geltenden Gesetzestext deutlich entschärft worden. Die meisten der geplanten Pflichten sind entweder nicht mehr in dem Gesetz enthalten, oder die Anwendung bestimmter Regelungen ist zeitlich nach hinten verlegt worden. Im Klartext:
1. Gibt es eine Sanierungspflicht für Heizungen?
Spezielle Sanierungspflichten, die Eigentümer beachten müssen, wenn sie sich mit dem Verkauf ihrer Immobilie befassen oder den Verkauf vorbereiten, gibt es nicht. Das GEG hat keine zusätzlichen oder neuen Sanierungspflichten formuliert. Das gilt auch für den erzwungenen Ausbau von Heizungen. Grundsätzlich dürfen Heizungen weiter betrieben werden, wenn sie bestimmte technische Anforderungen erfüllen. Alle Diskussionspunkte um die pflichtweise Heranziehung von Eigentümern zur Sanierung einzelner Gebäudeteile, die im Gesetzgebungsverfahren des Jahres 2023 diskutiert worden sind, haben keinen Niederschlag im Gesetz gefunden.
2. Wie steht es um die Nachrüstpflichten?
Seit dem 30.9.2021 müssen alle Heizungen, die keine automatische Abschaltung oder Absenkung der Wärmezufuhr eingebaut haben, auf eine solche automatische Regulierung umgerüstet sein. Das bedeutet, dass es sich nicht um eine neue, sondern um eine schon viele Jahre bestehende Verpflichtung zur Nachrüstung bestimmter Heizungsanlagen handelt. Die Warmwasserrohrleitungen in Kalträumen müssen gemäß Paragraf 69 GEG und der Anlage 8 zum GEG gedämmt sein. Auch diese Pflichten sind nicht neu in das GEG aufgenommen worden und müssen seit vielen Jahren eingehalten werden. Es besteht zudem eine Austauschpflicht für Heizkessel, die nicht mit Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik laufen, wenn diese vor 1991 eingebaut worden oder älter als 30 Jahre sind.
Für Immobilienkäufer heißt das: Sollten die Warmwasserleitungen in Kalträumen nicht gedämmt sein, müssen sie nach dem Kauf eine solche Dämmung anbringen. Wird eine Heizung ohne automatische Abschaltung betrieben, muss eine Umrüstung auf eine automatische Abschaltung der Wärmezufuhr erfolgen. Und bestimmte Heizkessel dürfen nicht mehr betrieben werden (Konstant-Temperaturkessel, keine Brennwerttechnik). Wenn aber die Heizung in der Immobilie, die Sie erwerben werden, entweder mit Niedertemperatur- oder mit Brennwerttechnik läuft, dann ist keine Umrüstung erforderlich.
3. Wann besteht eine Nachrüstpflicht?
Hier sorgen ein paar Fragen für eine Analyse des Ist-Zustandes der Immobilie:
A) Ist die oberste Geschossdecke gedämmt?
B) Sind die Warmwasserleitungen in den Kalträumen gedämmt?
C) Läuft die Heizung als Niedertemperaturheizung oder mit Brennwerttechnik?
D) Hat die Heizung eine automatische Abschaltung der Wärmezufuhr?
War die Antwort vier Mal „Ja“, besteht keine Nachrüstpflicht. Gab es mindestens ein „Nein“, gilt:
- Nachrüstpflicht zu A folgt aus § 69 GEG
- Nachrüstpflicht zu B folgt aus § 47 GEG
- Nachrüstpflicht zu C folgt aus § 72 GEG
- Nachrüstpflicht zu D folgt aus § 61 GEG
4. Muss meine Heizung ausgebaut werden?
Rund um die Einführung des neuen Heizungsgesetzes ist vielfach diskutiert worden, dass Eigentümer oder Käufer von Immobilien dazu verpflichtet sein sollen, Heizungen auszutauschen, und sogar funktionierende Heizungen ausbauen und durch eine Wärmepumpe austauschen müssen. Die Wärmepumpe ist so regelrecht zum Schrecken für Eigentümer und Kaufinteressenten geworden.
Die Faustregel, die sich alle Eigentümer und Kaufinteressenten für eine Immobilie dazu merken können, lautet: Eine funktionierende Öl- oder Gasheizung, die über eine Automatik zur Abschaltung der Wärmezufuhr verfügt, mit Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik ausgerüstet ist und funktioniert oder reparaturfähig ist, muss nicht ausgetauscht werden.
Das GEG formuliert Gebote beim Einbau neuer Heizungen und Verbote für den Weiterbetrieb bestimmter Heizungen (keine Brennwert- oder Niedertemperaturtechnik, keine automatische Abschaltung). Es formuliert jedoch keine „Beruhigungsformel“, dass alle anderen Heizungen weiter betrieben werden dürfen.
Und doch: Im Umkehrschluss zu den Betriebsverboten für Heizungen, die das GEG formuliert , folgt, dass alle anderen Heizungen weiterbetrieben werden dürfen.
5. Wie lange darf man die Gasheizung betreiben?
Aus der neuen Vorschrift des Paragraf 72 Absatz 4 GEG folgt, dass bestehende Öl- oder Gasheizungen bis zum 31.12.2044 in Betrieb bleiben dürfen. Das bedeutet, dass eine reparaturfähige und nicht gänzlich kaputte Heizungsanlage bis zu diesem Datum weiter betrieben werden darf. Erst ab dem Jahr 2045 gilt das absolute Betriebsverbot für Öl- oder Gasheizungen.
6. Was ist, wenn keine Reparatur möglich ist?
Erst dann, wenn eine Heizung irreparabel defekt ist und demnach ausgetauscht werden muss, greifen die neuen Vorschriften der Paragrafen 71 bis 71 p GEG, die genau festlegen, unter welchen Bedingungen welche Art von Heizung neu eingebaut werden darf.
Die aktuellen Betriebsverbote für Heizkessel aus dem GEG 2024 im Überblick:
Heizungen ohne automatische Abschaltung der Wärmezufuhr dürfen seit dem 30.9.2021 nicht mehr betrieben werden (Paragraf 61 GEG).
Heizkessel ohne Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik dürfen mit dem Ablauf von 30 Jahren nicht mehr betrieben werden (Paragraf 72 GEG).
Heizkessel, die mit fossilen Energieträgern betrieben werden, dürfen ab dem 31.12.2044 nicht mehr betrieben werden (Paragraf 72 Absatz 4 GEG).
Eine wichtige Neuerung beim Einbau einer neuen Heizung im Jahr 2024 betrifft das informatorische Beratungsgespräch, das jetzt verpflichtend ist. Paragraf 71 Absatz 11 GEG legt dazu fest: „(Hier) hat eine Beratung zu erfolgen, die auf mögliche Auswirkungen der Wärmeplanung und eine mögliche Unwirtschaftlichkeit, insbesondere aufgrund ansteigender Kohlenstoffdioxid-Bepreisung, hinweist.“
Dieses verpflichtende Beratungsgespräch kann durch den Heizungsbauer, den Schornsteinfeger oder einen Energieberater durchgeführt werden.
7. Wann gilt die 65-Prozent-Erneuerbare-Energien-Regel – und wann nicht?
In den Jahren 2024 und 2025 müssen beim Heizungstausch in bestehenden Immobilien keine Anlagen eingebaut werden, die mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien für die Wärmegewinnung nutzen. Die Betonung liegt hier auf „müssen“: Selbstverständlich kann jede neu eingebaute Heizung diese Grundregel an Heizungsanlagen, die im GEG festgeschrieben ist, auf freiwilliger Basis erfüllen. Es ist nur nicht verpflichtend formuliert worden, dass auch beim Austausch von Heizungen 65 Prozent erneuerbare Energien zum Einsatz kommen müssen.
Anders sieht es beim Neubau aus: Wird ein Neubau in einem ausgewiesenen Neubaugebiet errichtet, müssen ab 2024 die dort eingebauten Heizungen zu 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Neubau und Bestandsimmobilien werden nach dem GEG also nicht gleichbehandelt.
8. Was bedeutet „kommunale Wärmeplanung“?
Alle Städte und Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, bis zum 30.6.2026 (Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern) beziehungsweise bis spätestens 30.6.2028 (Städte und Gemeinden bis 100.000 Einwohner) eine sogenannte „kommunale Wärmeplanung“ vorzulegen. Aus einer solchen Planung wird ersichtlich sein, ob eine konkrete Immobilie in Zukunft die Möglichkeit hat, an ein Fernwärmenetz oder an neu geplante Nahwärmenetzte angeschlossen zu werden.
Gemeinden, die die Wärmeplanung nicht innerhalb der genannten Fristen vorlegen, werden so behandelt, als gäbe es eine Wärmeplanung, aus der aber keine Anschlussmöglichkeiten folgen.
Liegt eine kommunale Wärmeplanung vor, müssen ab dann alle neu gebauten Immobilien zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien für die Wärmegewinnung ausgerüstet sein. Bis 2026 kann ein Neubau, der in einem Lückenschluss eines bestehenden Wohngebietes oder auf einem Trenngrundstück erfolgt, auch noch mit einer reinen Öl- oder Gasheizung ausgerüstet werden.
9. Welche Heizungen können eingebaut werden?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, unter denen Eigentümer oder Käufer einer Immobilie auswählen können, wenn sie ihre Heizung in einer bereits bestehenden Immobilie austauschen wollen (das gilt nicht für den Neubau in ausgewiesenen Neubaugebieten).
10. Welche Fördermittel gibt es für den Einbau?
Soll eine Heizung in einem bestehenden Gebäude ausgetauscht werden, können für diesen Tausch Fördermittel in Anspruch genommen werden. Diese sind so gestaltet, dass ein nicht zurückzahlbarer Zuschuss zum Heizungstausch gewährt wird.
Die Fördermittel folgen dabei folgenden Regeln: Beantragung der Fördermittel bei der KfW – selbst nutzende Eigentümer können seit Februar 2024, vermietende Eigentümer ab voraussichtlich August 2024 Fördermittel beantragen (eine Wohnungseigentümergemeinschaft soll ab etwa Mai 2024 antragsberechtigt sein). Wichtig: Es besteht kein Anspruch auf die Förderung. Der Zuschuss steht unter dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel für das Zuschussprogramm.
Was wird gefördert, welche Boni gibt es?
• Einbau klimafreundlicher Heizungen in Einfamilienhäuser bis zur Investition von 30.000 Euro.
• Einbau einer Gasheizung, die H2-ready ist. Dies jedoch nicht in gleichem Maße wie zum Beispiel eine Wärmepumpe oder der Anschluss an ein Fernwärmenetz (nur bei Gasheizungen, die zu 100 Prozent wasserstofffähig sind, werden Installationsmehrkosten gefördert – pauschal fünf Prozent).
• 30 Prozent Grundförderung der Investitionssumme bei klimafreundlichen Heizungen, maximal 9.000 Euro (eventuell Zuschläge für weitere klimafreundliche Ergänzungen der Anlagen und Anlagentechnik).
• 20 Prozent Klimageschwindigkeitsbonus für selbst nutzende Eigentümer bei frühzeitigem Austausch, zum Beispiel bei über 20 Jahre alten Gasheizungen oder Ölheizungen. Zusätzlich maximal 6.000 Euro (ab 2028 sinkt dieser Geschwindigkeitsbonus).
• 30 Prozent Einkommensbonus für selbst nutzende Eigentümer mit bis zu 40.000 Euro zu versteuerndem Haushaltsjahreseinkommen, maximal 70 Prozent Zuschuss. Maximal weitere 6.000 Euro.
Die Gesamtförderung beläuft sich entweder auf 15.000 Euro (zuzüglich etwaiger Boni) oder 21.000 Euro bei Haushalten mit maximal 40.000 Euro zu versteuerndem Einkommen (zuzüglich etwaiger Boni). Auf der Webseite der KfW ist von maximal 23.500 Euro Förderung die Rede.
Die BELLEVUE-Empfehlungen für Eigentümer
• Nehmen Sie eine Beratung bei Ihrem Heizungsbauer oder Schornsteinfeger in Anspruch.
• Eigentümer können sich einen individuellen Sanierungsfahrplan von einem bei der BAFA registrierten Energieberater erstellen lassen (diese Leistung wird bezuschusst).
• Reparaturfähige Heizungen müssen nicht ausgetauscht werden.
• Prüfen Sie, ob ein Anschluss der Wärmeversorgung Ihrer Immobilie an ein Fernwärmenetz möglich ist (dafür ist eventuell ein Abwarten der Vorlage einer kommunalen Wärmeplanung erforderlich).
• Sie planen in 2024 einen Heizungstausch? Wollen Sie die bisherige Heiztechnik weiter nutzen? Das ist grundsätzlich möglich, wird aber nicht bezuschusst, so dass sich der Einbau einer kombinierten Wärmepumpe mit einer zusätzlichen Gastechnik als Hybridheizung vielleicht finanziell eher lohnt.
• Prüfen Sie die Fördermöglichkeiten und besprechen Sie diese mit Ihrem Heizungsbauer, Energieberater oder Schornsteinfeger.
• Sie planen den Verkauf Ihrer Immobilie in 2024? Lassen Sie sich vom Schornsteinfeger eine Bescheinigung ausstellen, dass die Nachrüstpflichten erfüllt sind und die Heizung nicht ausgetauscht werden muss. Eine Bescheinigung zur Heizung kann auch das Heizungsunternehmen, das den Wartungsvertrag hält, ausstellen.
Das schafft bei den Kaufinteressenten Sicherheit.
• Sie interessieren sich 2024 für den Kauf einer Bestandsimmobilie, sind aber unsicher wegen möglicher Kosten für die Heizungserneuerung? Lassen Sie sich vom Eigentümer eine Bestätigung des Schornsteinfegers und/oder Heizungsbauers vorlegen, dass alle Nachrüstpflichten erfüllt sind und kein Betriebsverbot für die Heizung greift, diese also nach dem Kauf weiter betrieben werden kann.
• Der Einbau einer solarthermischen Anlage oder einer Wärmepumpe ist eine klimafreundliche Investition in die Zukunft, die sich werterhöhend für Ihre Immobilie auswirken kann. Überlegen Sie, ob eine solche Investition in die Zukunft die Kaufpreiserwartung Ihrer Immobilie verbessert.
• Der Klimageschwindigkeitsbonus für den beschleunigten Austausch von Heizungen kann sich finanziell lohnen, wenn Sie als Eigentümer oder Käufer einer Immobilie Ihre alte Heizanlage spätestens 2027 austauschen.
BEL 03/24