So finden Sie den richtigen Preis für Ihre Immobilie
Die wichtigste Frage von Verkäufern einer Immobilie geht immer in Richtung des erzielbaren Preises für die eigene Immobilie. Hier ein Überblick über die Möglichkeiten der Wertfindung
Die Ermittlung des echten Wertes einer Immobilie ist eine Wissenschaft für sich. Da hilft es kaum, dass „geniale Hauskaufrechner“ oder „wahre Wertermittler“ im Internet suggerieren, hier könne der Verkaufspreis einer Immobilie mit drei Klicks ermittelt werden.
Was das Internet kann
Online-Preisrechner können anhand vorgegebener Preiskomponenten und Vergleichsimmobilien, die in Datenbanken gespeichert sind, eine erste grobe Schätzung für den möglichen Wert einer Immobilie liefern. Mehr als eine Orientierung bieten sie aber meist nicht.
Was das Internet nicht kann
Viele kleine Stellschrauben, die eine Immobilie in der gleichen Straße wertvoller machen als eine andere, können im Internet nur unzureichend berücksichtigt werden. Ist der schöne Teil des Gartens nach Süden ausgerichtet oder nach Norden? Verschattet der Neubau nebenan eventuell die Terrasse und das Wohnzimmer? Liegt eine Wohnung innerhalb eines Hauses im Seitenflügel, oder ist es die Spitzenlage im Haus mit freier Sonneneinstrahlung und sehr hellen Räumen? All diese Faktoren kann eine pauschale Bewertung einer Immobilie im Internet nicht abbilden. Deshalb ist dieser erste Wertansatz oft nicht der zu erzielende Preis für das Haus oder die Eigentumswohnung.
Woher kommt der Preis?
Immer geht es darum: Stimmt der Preis der Immobilie? Verlange ich als Verkäufer genug oder zu viel Geld? Wie erfahre ich, ob der Preis für die Immobilie angemessen ist? Wenn Sie schon einmal eine selbst genutzte Immobilie verkauft haben, dann kennen Sie das Gefühl des Besitzerstolzes, das auf die nüchterne Betrachtung eines Kaufinteressenten trifft. Die Sichtweise der beiden am Kauf und Verkauf einer Immobilie beteiligten Parteien liegt oft ziemlich weit auseinander. Warum ist das so?
Individualität und Preis
Mit vielen Ein- und Anbauten hat der Eigentümer eines Einfamilienhauses im Laufe vieler Jahre die Immobilie so hergerichtet, wie es seinem jeweiligen Geschmack entsprochen hat. Für ihn sind das alles wertbildende Faktoren der Immobilie. Nun kommen die ersten Kaufinteressenten und fragen sich, warum in aller Welt der Eigentümer alle Decken mit Holz vertäfelt hat oder warum auch der letzte Winkel mit einem Einbauschrank versehen ist. So mögen individuelle Ein- oder Ausbauten für den einen Kaufinteressenten einen großen Wert haben, für den anderen sind sie in der Entscheidungsfindung und damit auch bei der Preisfindung unerheblich – oder sogar hinderlich.
Preisbildung
Der Eigentümer wird bei seiner Preisvorstellung für die Immobilie alle diese für ihn wertbildenden Faktoren einfließen lassen. Kaufinteressenten würden diese Faktoren am liebsten streichen. Was nun?
Im Exposé hat sich der Immobilienmakler vielleicht von den Vorstellungen des Eigentümers leiten lassen und einen Kaufpreis angesetzt, der etwas über den Preis- vorstellungen von Kaufinteressenten liegt.
Angebotspreis
Im Exposé steht daher der sogenannte Angebotspreis. Das bedeutet nicht, dass das Haus oder die Wohnung auch wirklich zu diesem Preis verkauft wird.
Marktpreis
Liegen mehrere Angebote zum Kauf einer Immobilie vor, die genau den Angebotspreis treffen, bildet sich aus diesen Angeboten der sogenannte Marktpreis, also der Preis, den ein Interessent für diese Immobilie zu zahlen bereit wäre. In manchen Fällen kommt es vor, dass der spätere Kaufpreis oberhalb des ursprünglichen Marktpreises liegt, weil mehrere Kaufinteressenten bereit waren, ein erstes Kaufpreisangebot nachzubessern.
Verkehrswert
Ein Sachverständiger ermittelt in seinem Gutachten den Sachwert der Immobilie und berücksichtigt dabei ihren Zustand, den Stand der technischen Ausrüstung und die Restnutzungsdauer. Diese Restnutzungsdauer ist eine ganz wesentliche Stellschraube für den zu ermittelnden Verkehrswert. Schließlich kann der Sachverständige am Ende des Gutachtens einen Zu- oder Abschlag im Rahmen der sogenannten Marktanpassungsfaktoren vornehmen. Ist die Immobilie stark nachgefragt? Sind vergleichbare Immobilien in der gleichen Gegend stark nachgefragt? Dann wird es einen Zuschlag geben, der auch fünf Prozent ausmachen kann. Oder umgekehrt.
Beleihungswert
Schließlich ermittelt die Bank den Beleihungswert der Immobilie. Dieser Wert wird in der Regel etwas unterhalb des Markt- und vielleicht auch unterhalb des Verkehrswertes liegen. Beim Beleihungswert berücksichtigt die Bank alle Risiken der möglichen Verwertung einer Immobilie so, dass sie am Ende dennoch ihren Einstand, also den ausgereichten Immobilienkredit, zurückbekommt. Alle ermittelten Preise und Werte können unterschiedlich sein. Die Wahrheit liegt bei dem, was ein Käufer bereit ist zu zahlen und – wenn dieser eine Bankfinanzierung benötigt – was die Bank bereit ist, ihm als Kredit auszureichen.
Bodenrichtwert
Eine fast schon neutrale Größe ist der Bodenrichtwert, der von den Gutachterausschüssen einmal im Jahr festgelegt wird und den Preis je Quadratmeter Grundstück umfasst, also ohne das darauf stehende Gebäude. Diese Werte können bei den Ausschüssen abgefragt werden und sind für die Ermittlung des Preises eine wichtige Ausgangsgröße.
Liebhaberpreis versus realistischer Preis
Liegt eine Immobilie in einer stark nachgefragten Gegend? Ist das der Fall, wird oft auch der gründlich ermittelte Verkehrswert einer Immobilie am Ende überschritten. Kaufinteressenten, die sich quasi überbieten, um die Immobilie zu erwerben, sorgen manchmal für Zuschläge zum Kaufpreis, die bei Beginn einer Vermarktung nicht zu erwarten waren. Ein qualifizierter Immobilienmakler, der die Nachfrage in der Region genau kennt, kann bei der Einschätzung helfen, ob die Preisvorstellung des Eigentümers den Marktgegebenheiten entspricht oder ob sie eher über dem aktuellen Preisniveau liegt.
Expertentipp
„REALISTISCHER PREIS“
André Heid über die Beurteilung der eigenen Immobilie
BELLEVUE: Gibt es Anhaltspunkte, seine Immobilie selbst einzuschätzen?
ANDRÉ HEID: Suchen Sie nach vergleichbaren Immobilien in Ihrer Nähe, die kürzlich verkauft wurden. Dies gibt eine Grundidee des Marktwerts. Achten Sie auf Angebotspreise und realisierte Verkäufe. Berücksichtigen Sie Zustand der Immobilie, Alterung der Bausubstanz und ob Renovierungsarbeiten erforderlich sind. Die Lage ist oft entscheidend. Ist die Immobilie gut angebunden? Gibt es Schulen, Einkaufsmöglichkeiten oder Grünflächen in der Nähe? Quadratmeterzahl und besondere Ausstattungsmerkmale (zum Beispiel Balkon, Garage) fließen in die Bewertung ein. Es gibt Online-Rechner, die eine grobe Schätzung ermöglichen. Für eine professionelle Einschätzung sollten Sie sich an einen Immobiliengutachter wenden.
Aktuell befinden wir uns in einem Käufermarkt. Was bedeutet das für Verkäufer?
Es gibt mehr Verkäufer als Käufer. Das bedeutet Preisdruck. Die Preise tendieren dazu, niedriger zu sein, da Käufer mehr Auswahl haben. Sie sind in einer stärkeren Verhandlungsposition und können Rabatte oder Zusatzleistungen fordern. Und Immobilien können länger auf dem Markt bleiben, was für Verkäufer finanziell ungünstig sein kann.
Haben Sie Tipps, wie man dennoch einen guten Preis erzielen kann?
Überlegen Sie, Ihre Immobilie professionell bewerten zu lassen, um einen realistischen Verkaufspreis zu ermitteln. Seien Sie bereit, über Preis und Konditionen zu verhandeln, aber kennen Sie Ihre Schmerzgrenze. Kleinere Renovierungen können den Wert steigern. Ein guter Immobiliengutachter kann dabei helfen, den besten Preis zu erzielen und Schäden richtig einzuschätzen sowie den wahren Wert der Immobilie zu erkennen.
BEL 05/23