„Es muss klare Spielregeln geben"
Seit 92 Jahren gehört das Unternehmen OTTO WULFF zu den ersten Adressen im Baugewerbe und ist in dritter Generation in Familienbesitz. BELLEVUE sprach mit Geschäftsführer Stefan Wulff
Seit der Gründung im Jahr 1932 zählt das Bauunternehmen OTTO WULFF zu den Großen der Branche. Rund 650 Mitarbeiter realisieren vorwiegend in Hamburg, Berlin und Leipzig bis zu 1.000 Immobilieneinheiten im Jahr. Das Leistungsportfolio umfasst neben dem eigentlichen Bauen auch die Bereiche Grundstücksankauf, Planung und Entwicklung sowie Betreiben und Verwalten. BELLEVUE sprach mit Stefan Wulff, Geschäftsführer und Enkel des Unternehmensgründers Otto Wulff.
BELLEVUE: Herr Wulff, mit welchen Baukosten je Quadratmeter kalkulieren Sie heute im Wohnungsbau?
Stephan Wulff: Bei circa 2.800 Euro je Quadratmeter geht es los. Reine Baukosten, ohne Grundstück, Finanzierung etcetera. Einfache Architektur, Bad, Fahrstuhl.
Im Luxussegment liegen die Baukosten bei etwa 5.000 bis 6.000 Euro je Quadratmeter.
Die Baubranche hat zehn goldene Jahre hinter sich. Da hieß es oft: Die Politik soll sich raushalten. Der Markt regelt das schon ganz allein. Jetzt kriselt es, und alle rufen nach staatlicher Unterstützung.
Ist das fair?
Prinzipiell geht es um zwei wesentliche Punkte, bei denen es ohne die Politik nicht geht. Erstens: Verlässlichkeit. Es muss klare Spielregeln geben, die nicht ständig geändert werden sollten. Beispiel Energiestandard: KfW 55 ist energetisch sparsam, bautechnisch realistisch und finanziell kalkulierbar. Dann wurde die Förderung auf KfW 40 beschränkt. Dieser Baustandard ist technisch nicht ganz einfach, auch nicht für die Bewohner, kostet beim Bau etwa 700 bis 800 Euro mehr pro Quadratmeter und bringt unterm Strich nur drei Prozent weniger CO2-Ausstoß. Das ist nicht effektiv. Bevor so etwas beschlossen wird, sollte man Experten mit ins Boot holen, die tagtäglich mit dieser Materie zu tun haben.
Der zweite Punkt ...
... ist Tempo. Von der ersten Projektplanung bis zum Einzug vergehen bei einem größeren Projekt bis zu fünf Jahre. Davon entfallen mindestens zwei auf den Weg durch die Instanzen. Das kann und muss effektiver gehen. Wie in anderen Bereichen haben wir auch beim Bau bundesweit zu viele, zu unterschiedliche Regeln. Werden diese beiden Grundvoraussetzungen verlässlich vereinfacht, können wir besser und schneller daran arbeiten, die bundesweit benötigten 400.000 Einheiten pro Jahr fertigzustellen.
Von dieser Zahl sind wir weit entfernt.
Deutlich. Dieses Jahr wird es nicht einmal die Hälfte werden.
Sie bauen auch Büro- und Gewerbeimmobilien. Wie steht es da um die Nachfrage?
Anders als im Wohnungsmarkt deutlich geringer. Diese Branchen sind im Wandel, Investoren machen einen großen Bogen darum. Klassische Büropaläste sind aufgrund der Trends Homeoffice und Workingspace nicht mehr gefragt. Auch die Einzelhandelssituation hat sich geändert. Lokale Zentren für den täglichen Bedarf mit ein, zwei Supermärkten, einer Drogerie, einem Bäcker und vielleicht noch einem Ärztehaus laufen noch ganz gut, aber die Zeit der großen Kaufhäuser und Einkaufszentren scheint – von Ausnahmen abgesehen – passé. Die Konkurrenz durch Amazon & Co. wird immer stärker. Logistikimmobilien sind demzufolge zunehmend gefragt.
Ein Tipp für die BELLEVUE-Leser beim Kauf von Bestandsimmobilien: Welche Baujahre sind die besten?
Immobilien, die seit den 1990er-Jahren erstellt wurden, sind in der Regel technisch und energetisch auf einem akzeptablen Standard, alles davor entspricht meist nicht mehr den heutigen Anforderungen und erfordert teilweise erhebliche Umbauten.
Was erwarten Sie für 2024?
Ungefähr seit letztem Dezember zieht der Markt wieder spürbar an. Kapitalanleger halten sich zwar noch etwas zurück, aber die Selbstnutzer kommen wieder. Ich bin optimistisch.
Mehr über das Unternehmen finden Sie im Internet unter www.otto-wulff.de
BEL 02/24